Ein Kommentar von Alexander Jacob
Deutschland rückt nach rechts. Das ist kein neu entdecktes Phänomen, das ist in unserem Land längst Fakt, und ein ernstzunehmendes Problem. Wie die Stadt Münster es dennoch schafft, sich von rechtem Gedankengut weitesgehend frei zu halten, und wie das auch in anderen Städten möglich gemacht werden kann, ist nicht mit einem Satz zu beantworten. Dafür muss erstmal nach Gründen für eine rechte Gesinnung gesucht werden.
Als “rechtsorientiert” bezeichnet man Personen, die von einer Verschiedenheit der Menschen ausgehen und eine gesellschaftliche Hierarchie befürworten und akzeptieren. Der Begriff “rechts” dient als Sammelbegriff und umfasst mehrere sich ähnelnde Weltbilder, wie beispielsweise die Vorstellung einer natürlichen Ungleichheit und der damit zusammenhängenden Ausgrenzung von Minderheiten.
Solche Ansichten werden in Deutschland in den letzten Jahren vermehrt geteilt und immer deutlicher erkennbar. Das ist nicht nur durch Umfragen und Wahlergebnisse rechter Parteien, sondern in jüngster Vergangenheit auch immer häufiger in den Motiven zahlreicher Straftaten und sogar gezielter Terroranschläge sichtbar geworden.
„Die Zahl rechter Gewalttaten, etwa Angriffe auf Flüchtlinge und sogar Politiker, ist deutlich gewachsen. Die Ablehnung von Asylbewerbern scheint groß zu sein.“, schrieb die Süddeutsche Zeitung im August 2019. Mitverantwortlich für den Rechtsruck ist die Partei „Alternative für Deutschland“. Sie wurde im Jahr 2013 gegründet und setzt sich seitdem fast ausschließlich gegen die Aufnahme und Eingliederung von Menschen mit Migrationsvorgeschichte in Deutschland ein. Die letzten bundesweiten Wahlergebnisse und das Wachstum der Partei sprechen hier eine deutliche Sprache.
Vergleicht man die Resultate der letzten Wahlen, tritt Münster als sehr positives Gegenbeispiel in Erscheinung. Das hängt unter anderem mit dem hohen Anteil an jungen Studierenden zusammen, die sich in den seltensten Fällen rechts einordnen würden. Doch so ein geringer Anteil wie in Münster lässt sich nicht nur durch den niedrigen Altersdurchschnitt erklären. Die Unistadt schafft durch verschiendste Aktionen und Gegendemonstrationen kaum Platz für Hass und Gewalt. Schon in den letzten Jahren war man in Münster stolz auf die eigenen Integrationsmöglichkeiten und den hohen Anteil an Menschen mit Migrationsvorgeschichte.
“In Münster leben ca. 71.000 Menschen mit “Migrationsvorgeschichte.“ […] Unser Ziel ist, das Zusammenleben in Münster zu fördern.“ schreibt das kommunale Integrationszentrum Münster auf seiner Seite und setzt damit ein klares Zeichen für Akzeptanz und Eingliederung. Das trägt zu einem allgemeinen Verständnis von Respekt gegenüber allen Menschen und einer Gleichstellung der Bevölkerung bei und erschwert die Ausbreitung rechter Propaganda massiv.
Dazu kommt, dass die Stadt nicht schweigt, wenn rechte Propaganda den Weg in die Öffentlichkeit sucht. Im Gegenteil, Münster hat eine beachtliche Gegenbewegung vorzuweisen, die mit allen Mitteln gegen die Ausbreitung rechter Ströme vorgeht. Gemeint ist die „Antifaschistische Linke Münster“, die seit 2008 gegen das stetig wachsende Problem ankämpft. Zu nahezu jeder Demonstration von Seiten der Rechten gibt es mittlerweile eine Gegendemonstration einer Antifa-Gruppe. Ziel ist es, den rechten Bürger*innen die Möglichkeit zu nehmen, ihre politischen Ansichten frei zu äußern und damit auch für Außenstehende das Bild zu vermitteln, es handle sich um harmlose Meinungen. Mit jeder Gegendemonstration soll deutlich gemacht werden, dass solche Ansichten nicht nur nicht geteilt, sondern in der Stadt Münster nicht akzeptiert werden. „Auf der praktischen Ebene versuchen wir, eine Organisierung von Neonazis und deren Erstarken zu verhindern. Wir sind aktiv, wenn Parteien wie die NPD oder ProNRW zu einer Wahl antreten oder Veranstaltungen organisieren.“, schreibt die Antifaschistische Linke Münster, und setzt damit ein klares Zeichen für den Kampf gegen Rechtsextremismus.
Viele Bewohner*innen Münsters werden selbst aktiv und versuchen den Anteil an rechtsextremen Bürger*innen so klein wie möglich zu halten.
Auch wenn sich abschließend feststellen lässt, dass Münster ein sehr gutes Gegenbeispiel zu den rechten Bewegungen darstellt, ist es von äußerster Wichtigkeit, dass sich weiter gegen Rechts eingesetzt wird. Rechtspopulismus bis hin zum Extremismus haben unsere Zeit längst erreicht, und wenn die Gegenbewegungen still stehen, Parteien wie die AfD verharmlost werden, und die Bevölkerung zu lange schweigt, haben wir irgendwann ein Problem, das wir nicht mehr lösen können.
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