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berufe/roulette #3 – Blaudruckerei

Mal wieder machten Ann-Katrin und ich uns auf den Weg, einen neuen Beruf auszuprobieren. Diesmal verschlug es uns nach Lüdinghausen in die Blaudruckerei. Auch dieser Beruf ist vom Aussterben bedroht, da alles mittlerweile maschinell bedruckt wird.

Der Vorteil beim Blaudrucken ist hierbei die individuelle Gestaltung von mitunter alten, wertvollen Laken oder Tischdecken mit nostalgischem Wert. Aus 472 verschiedene Motive kann hier gewählt werden. Die Druckplatten müssen jedoch im Ausland wie beispielsweise in Indien produziert werden. Das ist sehr teuer, da auch dieser Beruf der Plattenherstellung nur noch selten erlernt und die Platten in reiner Handarbeit hergestellt werden.

Wer denkt, es sei damit getan, einfach nur die Farbe auf die Druckplatten aufzutragen und dann auf den Stoff zu drucken, der hat weit gefehlt. Was durch die Platten aufgedruckt wird, ist nämlich eine spezielle Mischung dessen, was am Ende weiß bleibt. Mit dem eigentlichen Färbeprozess hat dieser Arbeitsteil also relativ wenig bis gar nichts zu tun. Da das Färben auch sehr lang dauert, wird ständig gedruckt und nur alle paar Wochen (z.T. auch Monate) gefärbt. Somit half Ann-Katrin nur beim Druckprozess mit, was schon gar nicht so einfach war. Denn wenn man einmal schief druckt, ist es ziemlich schwer, das Ganze wieder ins Reine zu bekommen.

Nachdem uns das Drucken ausführlich gezeigt wurde, führte uns Frau Schlüter durch ihren Laden hinunter in den Raum, in dem gefärbt wird.

Hier trafen wir auf einen etliche Meter tiefen, in den die Farbe und ein Kalkgemisch (früher menschlicher Urin!) gegeben werden. Der Stoff wird „schlängelnd“ mit dem oberen Ende an einem dafür hergestellten Gitter befestigt und unten mit Gewichten beschwert (damit der Stoff auch unter Wasser bleibt) und dann untergetaucht. Nach 20 Minuten wird der Stoff langsam herausgezogen, damit die Farbe einziehen kann. Während der nächsten 20 Minuten muss man immer wieder mit einem Stock zwischen den Stoff gehen und ihn „grün und blau schlagen“. Danach wird der Stoff abermals eingetaucht. Das Ganze wiederholt sich dann, je nachdem, wie dunkel die Farbe werden soll. Da jedoch auch während des Einziehens der Stoff an dem Gitter hängen muss, kann immer nur ein Stoff auf einmal eingefärbt werden – eine sehr zeitaufwändige Aufgabe.

Nach dem Färben wird der Stoff dann gewaschen und getrocknet und erst dann zum Verkauf ausgelegt oder dem Auftraggeber wieder ausgehändigt.

Schwerste Handarbeit also bis hierhin, wenn auch sehr abwechslungsreich.

Doch in der Blaudruckerei ist selbst dann noch nicht immer alles getan. Im Nebenraum befindet sich nämlich noch eine Schneiderei, in der so allerlei aus dem frisch gefärbten Stoff genäht wird, von Kissen über Taschen bis hin zu Kleidern. Außerdem wird hier nicht nur blau gedruckt. Die Blaudruckerei Lüdinghausen stellte vor langer Zeit fest, dass Blau, Grün und Rot wohl die gängigsten und beliebtesten Farben sind, und hat diese daher in ihr Programm aufgenommen.

Ein Beruf, hinter dem also mehr steckt, als man zu denken vermag – wenn man ihn überhaupt kennt. Schade dass ihn nun nur noch sehr wenige Menschen tatsächlich praktizieren…

 

Joanna Schindler

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