Nach drei Jahren Studium ziehe ich Bilanz und ernenne den Titel dieses Beitrags zur häufigsten Kurzkonversation, wenn es um meine Studienwahl ging. Jetzt ist Schluss! Diese Frage muss endlich geklärt werden.
Was macht man mit Kowi – oder erstmal: Was ist überhaupt Kowi?
Fangen wir mit den Grundlagen an. Kowi ist die supersüße Kurzform von Kommunikationswissenschaft, die in der Zeitungswissenschaft ihren Ursprung hat. Das war Anfang des 20. Jahrhunderts, sie ist also eine eher junge Wissenschaft. Das Institut für Kommunikationswissenschaft in Münster ist übrigens das zweitälteste Kowi-Institut Deutschlands und hat einen guten Ruf. Generell, (und im System der WWU) wird diese Wissenschaft den Sozialwissenschaften untergeordnet.
Das Wort Interdisziplinarität spielt eine wichtige Rolle, jedenfalls fand es häufig Verwendung in den wenigen Vorlesungen (durchschnittlich 10 Wochenstunden pro Semester, oh yeah!). Kowi beschäftigt sich mit Themen aus verschiedenen Wissenschaften: Politikwissenschaften, Erziehungswissenschaften, teilweise auch Rechtswissenschaften, Soziologie und einigen mehr… Hauptsache es gibt einen Bezug zu Medien oder einer Form von (Massen-)Kommunikation. Hier klingt schon an: es gibt viele Wege und Richtungen.
Die Deutsche Gesellschaft für Publiszitik- und Kommunikationswissenschaft e.V. beschreibt das noch schöner:
“Die Kommunikations- und Medienwissenschaft beschäftigt sich mit den sozialen Bedingungen, Folgen und Bedeutungen von medialer, öffentlicher und interpersonaler Kommunikation. Der herausragende Stellenwert, den Kommunikation und Medien in der Gesellschaft haben, begründet die Relevanz des Fachs.”
Soviel auch zur Relevanz. Eine typische Frage aus der Wirkungsforschung wäre zum Beispiel: Treibt der Konsum von “Germanys Next Topmodel” junge Mädchen in die Magersucht?
“Und, tut er das?” Darauf gibt es leider keine Antwort. Denn die Kowi findet keine Antworten, sondern nur Wahrscheinlichkeiten. Wie man diese berechnet, bringt einem der Studiengang auch bei. Die Grundlagen der Statistik versetzt die eine Hälfte der Studierenden in Panik und die andere atmet auf, da nicht mehr nur gelabert wird, sondern am Ende des Blattes endlich “richtig” oder “falsch” steht. Dazu gibt es noch haufenweise Theorien an die Hand, mit denen es sich gut auf Partys angeben lässt.
Das Studium bringt einem bei, Grundlagen und Probleme von öffentlicher Kommunikation zu erkennen, darzustellenen und mit wissenschaftlichen Methoden zu analysieren und – bestenfalls – zu lösen.
Um also das erste Vorurteil aus der Welt zu schaffen: Nein, bloß weil ich Kommunikationswissenschaft studiere, kann ich nicht gut reden. Das nehmen tatsächlich viele an, wenn sie überhaupt etwas sagen, außer “Oh, interessant.” (aka “Keine Ahnung was man da macht, da halt ich mich raus.”).
Und was macht man jetzt mit Kowi?!
So vielfältig wie die Blicke der Fragenden sind auch die Möglichkeiten, die sich dem Studium der Kommunikationswissenschaft anschließen. Wichtig dabei: Das Studium ist kein praktisches Studium. Es geht dabei um Wissenschaft und Wissenschaft ist Theorie.
“In Wien sagen wir unseren Studierenden immer, dass wir ihnen nicht beibringen, wie man eine Pressemitteilung schreibt. Sie lernen vierlmehr zu entscheiden, wann es besser ist, nur eine Pressemitteilung zu schreiben oder lieber doch zusätzlich noch eine Pressekonferenz zu veranstalten.”
Prof. Klaus Schönbach, Wien, in: Vogelgesang, J. (2012). Kommunikationswissenschaft studieren. Wiesbaden: VS-Verlag.
Trotzdem nicht den Kopf hängen lassen, denn die meisten Wege der Ex-Kowis gehen in die Praxis. In vielen Stellenausschreibungen wird sogar explizit nach einen Hochschulabschluss in Kommunikationswissenschaft gefragt. Die meisten Absolvent*innen landen letztendlich in der PR-Branche. Mag vielleicht daran liegen, dass hin und wieder die tollen Einstiegsgehälter in der Vorlesung eingeblendet werden. Heißer Tipp: ab in die Schweiz!
Tätigkeitesfelder der ersten Anstellung. Kloft, J. (2007). Berufschancen in der Medienkrise. Eine Befragung von Absolventinnen und Absolventen der Kommunikationswissenschaft München (Abschlussjahrgänge 2000 bis 2006).
Und selbst wenn hier noch nichts dem eigenen Berufsgusto entspricht, dann gibt es weitere Wege. Seinen Weg muss sich aber jeder Student und jede Studentin selbst suchen.
Und da sind wir schon bei der größten Herausforderung: der Suche nach der richtigen Richtung.
Daher ist es üblich, dass die Semesterferien nicht an der Copacabana, sondern in unbezahlten Praktika enden. Auf der Suche nach Orientierung. Des einen Fluch ist des anderen Segen: Viele Möglichkeiten bedeuten auch viele Unsicherheiten. Die Kowi führt nämlich nicht geradewegs zum Ziel, sondern öffnet Türen. Und selbst, wenn du vor dem Studium schon weißt, was du “mal werden willst”, wirfst du deine Pläne während der Studienzeit noch mindestens zwei mal um (schwöre).
Noch ein Hinweis: Berufserfahrung ist in den aufgezählten Berufsfeldern (außer vielleicht der Wissenschaft) der Hauptgrund für eine Einstellung. Es zählen also nicht die Noten, sondern das, was du und dein Lebenslauf drauf haben.
Fazit
Ein Studium der Kommunikationswissenschaft bietet viele Möglichkeiten, dadurch auch viele Chancen. Das Studium selbst ist gut zu meistern und lässt genug Zeit um nebenher zu jobben – und vielleicht schon die ersten Berufserfahrungen zu sammeln. Die meisten Absolvent*innen gehen in die PR, den Journalismus oder ins Marketing.
Wichtig: Das, was man letztendlich mit einem Kowi-Abschluss macht, entscheidet jeder selbst. Es gibt keine feste Berufsbezeichnung und keine festen Tarife. Die Medien entwickeln sich ständig weiter, so auch das Fach – wodurch wieder neue Berufsfelder entstehen. Mit dieser “Schwammigkeit” muss man klarkommen. Regelmäßiges Sinnsuchen gehört nach eigener Erfahrung dazu.
Also um alle Zweifler zu beruhigen: auch, wenn die Simpsons etwas anderes sagen, kann man mit Kowi “etwas werden”. Judith Rakers (Tagesschausprecherin) und Olli Welke waren übrigens auch Münsteraner Kowis. Damit wären dann auch die letzten Eltern überzeugt.
Judith “Und jetzt die lustigsten Clips des Nordens” Rakers. 8]
Frage zur Infografik: Diejenigen, die nie eine erste Anstellung hatten, weil arbeitslos (vielleicht gab’s das ja auch gar nicht), und diejenigen, die ein anderes Studium/einen anderen Werdegang eingeschlagen haben, sind wahrscheinlich unter Sonstiges gefasst?
Langzeitstudienbeginn, Beginn heute, nächste Abfrage in zwei Jahren: Wirst du forschen, PR-Arbeit oder Journalismus (oder PR-Journalismus) machen?
Jep, Sonstiges erfasst nicht klar definierte Medienberufe und branchenfremde. Bei der Grafik ging es aber nur um eine Anstellung (Fest, Frei, Ausbildung, Volo etc. hauptsache regelmäßiges Einkommen “von dem man leben kann”). Von den Befragten waren 4,6 Prozent nach einem Jahr noch ohne feste Anstellung. Einen Langzeitstudie fällt mir so direkt nicht ein. Generell lässt sich aus vergangenen Studien ableiten, dass weniger AbsolventInnen im Journalismus landen. Da spielt aber ja auch immer die Entwicklung der Berufsfelder eine Rolle.