Presseerklärung zu den Ausbauplänen für die B51/64
„Alternativen zur ‘alternativlosen’ Schnellstraße“
Am Montag ist nun auch Münsters Oberbürgermeister Lewe auf den Zug der Landesregierung zum „alternativlosen“ Ausbau der B51/64 aufgesprungen. Und er setzt noch eins drauf: Er bezeichnet die Schnellstraße im Autobahnformat als „Umwelttrasse“ (s. WN 9.7.19).
Angesichts eines solchen Etikettenschwindels muss ein ökologischer Verkehrsclub, der sich seit über 30 Jahren für eine menschen- und umweltgerechte Gestaltung der Mobilität einsetzt, zunächst die Umweltschäden, aber auch die sozialen Schäden in den Blick nehmen, die dieses überdimensionierte Straßenbauprojekt verursachen wird. Zu diesen Schäden werden sich die im Umweltforum Münster zusammengeschlossenen Umweltverbände noch detailliert äußern. Wir wollen hier vor allem die Alternativen herausstellen, an denen Münster und die Münsterlandkreise schon seit einiger Zeit arbeiten, und die auch erste Erfolge bei der Reduzierung des Kraftfahrzeugverkehrs auf der Strecke gebracht hat.
Detaillierte Ausführungen zu den Instrumenten und Effekten im ÖPNV finden Sie in der Anlage unseres Vorstandsmitglieds Patrik Werner.
Immense Schäden
Der extreme Flächenverbrauch für eine Reduzierung der Fahrtzeiten im Minutenbereich ist unverantwortlich in einer Zeit, in der aus Gründen des Klimaschutzes und der Biodiversität eine Extensivierung der Landwirtschaft und eine Ausweitung der Naturräume dringend geboten sind. Alte Wegebeziehungen werden abgeschnitten und so das tägliche Leben der Anwohner erschwert.
Münster und Telgte haben gerade den „Klimanotstand“ ausgerufen und sich zu verstärktem Klimaschutz verpflichtet, um die Erderwärmung unter 1,5° zu halten. Überall in der Welt werden Bäume gepflanzt, um CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen. Hier sollen nun tausende alter Bäume gefällt werden, unentbehrliche Kohlenstoffspeicher. Mit dem alten Prozessionsweg zwischen Münster und Telgte geht ein unersetzliches Kulturdenkmal verloren.
Für unsere Kinder und Enkel, die seit Monaten für den Klimaschutz streiken, ist das ein Schlag ins Gesicht und ein Bruch des Vertrauens in die politischen Institutionen.
Alternativen zeigen Wirkung
Über Alternativen für Münster und das Münsterland wird seit Jahren nicht nur nachgedacht, an ihnen wird auch konkret gearbeitet:
- Die Bahnstrecke nach Warendorf (RB 67 Der Warendorfer) wird bereits jetzt für einen Verkehr im Halbstundentakt („Münsterland S-Bahn“) ertüchtigt, sie verzeichnet steigende Fahrgastzahlen. Die Fahrzeit von derzeit 12 Minuten von Münster Hbf nach Telgte ist auch durch die neue Schnellstraße nicht zu unterbieten.
- Mehrere regionale Buslinien verbinden den Kreis WAF mit MS, auch sie verzeichnen steigende Fahrgastzahlen. Die Verdichtung des Takts lockt zum Umsteigen weg vom PKW. Die Weiterführung der Buslinie 4 vom Friedhof Lauheide über die August-Winkhaus-Str. bis Telgte Bf. könnte mit wenig zusätzlichem Aufwand eine weitere Bus-Verbindung bieten.
- Eine deutliche Reduzierung der ÖPNV-Fahrpreise für Pendler ist schon auf den Weg gebracht. Diese Maßnahme wird den Wechsel vom Auto auf Bus und Bahn noch einmal verstärken.
- Die erste Münsteraner Veloroute in die umliegenden Gemeinden wird realisiert. Sie bietet eine komfortable Alternative zwischen Telgte und Münster für Räder und Pedelecs. Eine weitere Route südlich der B 51 über die Pleistermühle kann mit geringem Aufwand ertüchtigt werden. Den Radweg entlang der B 51 als kürzeste Verbindung gibt es längst; er sollte erhalten und optimiert werden.
- Die Stadt Münster arbeitet daran, den Verkehrsraum in der Stadt zu gunsten des Umweltverbundes (Bus, Rad, Fußgänger) neu aufzuteilen und damit den Raum für Kraftfahrzeuge zu reduzieren. Dies wird von weiten Teilen der Bevölkerung unterstützt und gefordert (vgl. WN 10.7.2019 zur Initiative Starke Innenstadt: “Nicht autofrei – aber weniger Autos”) Ist es da sinnvoll, Millionen auszugeben, damit die Autos wenige Minuten früher in der Stadt im Stau stehen?
Schon in den letzten Jahren sind die Verkehrsmengen auf der Strecke rückläufig. Nach Zahlen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) ist der KFZ-Verkehr von 2007 bis 2017 zwischen Telgte und Münster von 21.022 auf 18.330, also um 13%, der darin enthaltene Anteil des LKW-Verkehrs sogar um 25% zurückgegangen. Damit widerspricht die Realität den Aussagen der Gutachter, die eine kontinuierliche Steigerung annehmen. Es zeigt sich, dass schon die bisherigen Bemühungen um Verkehrsvermeidung und -verlagerung greifen. Diese müssen intensiviert werden, hier wären die Millionen für den Straßenbau gut angelegt.
Es ist alternativlos, auf ein Denken in Alternativen zu verzichten. Daher wird der VCD-Regionalverband nach den Sommerferien alle Interessierten zu einer Veranstaltung einladen mit dem Thema: „Alternativen zur ‘alternativlosen’ Schnellstraße“. Wir freuen uns auf kreative Diskussionen.
Quelle
Verkehrsclub Deutschland
Regionalverband Münsterland e.V.
Für den Vorstand: Thomas Lins, Patrik Werner, Wolfgang Wiemers
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