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Joveles Leben an der Öle – Klein-Muffis Originale

Pfarrer Eltrop und Bernie Beermann sind zwei Namen, die man als Muffikaner*in vielleicht schon einmal gehört hat.
Gerade die ältere Generation, die schon länger in Klein-Muffi wohnt, weiß, warum man die Namen kennt. Bei den jüngeren Generationen wissen schon weniger, wer hinter den Namen steckt. Abgesehen von Pfarrer Heinrich Eltrop und Bernie Beermann gibt es aber noch mehr Personen, die man in Klein-Muffi früher einfach kannte.
Wir begeben uns nun also auf eine kleine Zeitreise und schauen uns sechs von Muffis Originalen an.

Wir starten im frühen 20. Jahrhundert mit Klein-Muffis eigenem Polizisten, Dietrich Johann Neuhaus, der aber von allen nur Dietz Niehues genannt wurde. Dietz Niehues wirkte immer furchterregend, besonders auf die Kinder, was wohl an seiner Größe von über zwei Metern lag.
Besonders bekannt war er in Klein-Muffi für seine Art und Weise Probleme zu lösen.

Oft saß Niehues nämlich in Kneipen als “Rausschmeißer” und wurde dafür mit Schnaps und Bier bezahlt. Sollten sich jetzt zwei streiten, nahm er sich die beiden vor und schlug ihre Köpfe aneinander, ehe sie aus der Kneipe flogen. Ob die Bestrafung gerechtfertigt war, ist fraglich, aber wirksam war sie allemal.
Leider ist Dietz eine Tragödie widerfahren. In der Nacht vom 17. April 1919 auf den 18. April 1919 kam er spät abends von seinem Dienst nach Hause, seine Familie war schon am Schlafen, zumindest dachte er das.

Seine jüngste Tochter hatte sich, nachdem die Mutter schlafen gegangen war, davon geschlichen und kam nun ebenfalls nach Hause. Um nicht aufzufallen, schlich sie durch den Hühnerstall, stieß dabei aber gegen den Futtertrog, was die Hühner erschreckte. Dietz wurde von den Geräuschen wach und war davon überzeugt, dass gerade jemand dabei war, ins Haus einzubrechen, nahm also seine Pistole, um am Hühnerstall ein paar Warnschüsse loszulassen.

Die 12-jährige Tochter kam derweil ungesehen in ihrem Bett an und Dietz nahm an, den Dieb verjagt zu haben, ging also auch zurück ins Bett. Dabei vergaß er aber, die Waffe richtig zu sichern und ein weiterer Schuss wurde freigesetzt, der die jetzt im Bett liegende Tochter traf.
Diese wurde schnell ins Krankenhaus gebracht, verstarb aber leider spätabends am 18. April 1919. Dietz Niehues wurde kurze Zeit später aus Klein-Muffi versetzt und führte seinen Dienst in einem anderen Teil Münsters fort. Er selbst starb am 17. Januar 1933. Eine traurige Geschichte, schließlich wollte Dietz nur sein Hab und Gut schützen.

Fröhlicher geht es beim nächsten Original weiter.
Wir setzen unsere Zeitreise gegen Ende der 20er-Jahre zur großen Arbeitslosigkeit fort. Damals hatte Wilhelm Hahn zusammen mit seiner Frau Heti die Idee, eine Kleintierschau zu starten, die als der “witte Hahn” bekannt wurde. Schnell war ein fahrender Käfig gebaut, der ans Auto gehängt wurde und gemeinsam fuhren die beiden mit Kaninchen, zwei Angora Katzen, einem Hund, Tauben und Singvögeln umher.

So konnten die beiden sich ihr Geld verdienen. Auch wenn es nicht besonders viel war, hat es gereicht. Auch andere Leute begleiteten sie wie Gertrud Schwarzer, die auf einem Akkordeon und einer Tischharfe Musik machte und sich so ebenfalls etwas Geld verdiente. So eine Kleintierschau würde man heute nicht mehr einfach so umher fahren sehen, vor allem nicht mit solch unterschiedlichen Tieren, die zusammen in einem Käfig untergebracht waren.

Genau wie Wilhelm und Heti mit dem “witte Hahn” gab es auch andere Personen, die weit außerhalb von Klein-Muffi bekannt waren. Zur selben Zeit zogen Adam und Eva, ein Landstreicher-Paar, umher. Namentlich eigentlich Anton Micheel und Maria Theresia Josepha Rickers. Sie waren verheiratet und zogen ihr leben lang durch Klein-Muffi und die umliegenden Bauernschaften. Ihre Spitznamen Adam und Eva bekamen sie für ihre fromme und christliche Lebensweise. Wenn sie unterwegs waren, konnte man sie oft dabei sehen, wie Eva den Rosenkranz vor und Adam ihr nach betete.

Die beiden waren schon von Weitem zu erkennen, an der Menge an Kleidung, die sie trugen. Kleidung, die von anderen abgelegt wurde, nahmen die beiden gerne auf und trugen sie über der Kleidung, die sie bereits anhatten. Dabei war das neueste Kleidungsstück immer ganz oben. Allgemein waren die beiden sehr gern gesehen, da sie für etwas Essen Korbgeflechte reparierten. Am 29. März 1928 starb Adam und Eva folgte ihm zwei Jahre später, am 15. März. Als Erinnerung an die beiden wurden sie in Sassenberg aus Bronze gegossen.

Der Ruderverein neben dem Bennohaus

Manche Leute aus Klein-Muffi waren aber auch eher in einer bestimmten Gruppe sehr bekannt und vielleicht spielt auch ein Familienbezug eine Rolle, warum uns unsere kleine Zeitreise zur nächsten Person führt. Das nächste Original aus Klein-Muffi ist der damalige Bootsmeister des Rudervereins, Gerhard Brunnert oder einfach Opa Heinrich. Dieser war Bootsmeister seit 1924.
Er wohnte in der Ottostraße 34, also in unmittelbarer Nähe zum Ruderverein. Opa Heinrich war vor allem bei den Ruderer*innen sehr beliebt.

“Er war äußerst geschickt, reparierte kleine Schäden unmittelbar, bevor irgendeiner von der Vereinsführung etwas davon erfuhr”, so sein Enkel Klaus Tewes, “das zog sich manchmal lange hin, bis in die Abendstunden. Wir Ruderer spendierten ihm zum Dank ein Paar Bier und Schnäpse. Oma sah [das] alles allerdings nicht so gern, weil es dann noch später wurde.” Opa Heinrich war bis 1951 im Ruderverein aktiv und starb 1952.

 

Das Pfarrer Eltrop Heim neben der Herz-Jesu-Kirche

Die letzten Originale waren etwas unbekannter, weshalb es jetzt Zeit für eine Person wird, deren Namen man in Münster bestimmt schon einmal gehört hat. Schließlich wurde das Pfarrheim an der Herz-Jesu-Kirche nach ihm benannt.

Pfarrer Heinrich Eltrop wurde am 19. Oktober 1881 in Haltern geboren und kam schließlich durch sein Amt nach Klein-Muffi, in das er am 27. und 28. Juli 1929 eingeführt wurde.
Er wurde aufgrund seines sozialen Engagements sehr geschätzt und allgemein als einfacher, christlicher und selbstloser Mensch beschrieben. Er selbst wohnte ziemlich ärmlich, da er auch gerne mal seine Sachen an diejenigen verschenkte, die es gerade mehr brauchten als er.

So wurde er zum Beispiel mal dabei beobachtet, wie er nachts mit seinem Bett durch die Nachbarschaft lief. Dies wollte er einer Familie schenken, die kein Bett hatte.
Er half immer da, wo es gerade nötig war und half unter anderem auch mit einer Suppenküche und einer Kleiderkammer. Auch zur Zeit des Nationalsozialismus ließ er seine Gemeinde nicht im Stich und sorgte dafür, dass eine Jüdin aus der Gemeinde bei Bauer*innen versteckt wurde.

Für ihn war es generell nicht wichtig, was für einer Religion man angehörte. Solange man in seiner Gemeinde wohnte, half er einem, wenn man Hilfe benötigte.
Als er dann am 25. Juli 1957 starb, wurde viel getrauert. Beim Requiem waren alle Plätze in der Kirche besetzt und draußen vor der Kirche standen noch Hunderte, die nach der Messe alle den Trauerzug zum Friedhof begleiteten.

Die Zeitreise neigt sich langsam dem Ende zu, aber eine Person fehlt noch. Bernie Beermann, eine weitere Person, die heute noch bekannt ist.
Beermann war der Schuhmacher vom Hubertiplatz. Er wurde am 18. Juli 1932 geboren und gehörte zu den Handwerkern des Viertels, die die Tradition der Handwerker und Gewerbetreibenden im Viertel fortsetzten.

Er engagierte sich ebenfalls stark für Klein-Muffi, vor allem auf politischer Ebene. Bernie war über 26 Jahre Ortsvereinsvorsitzender der SPD und seit 1975 stellvertretender Fraktionsvorsitzender in der Bezirksvertretung. Während all der Jahre war seine Schuhmacherwerkstatt gleichzeitig auch sein Parteibüro. Beermann starb am 24. Dezember 2002. Aber noch heute erinnert eine Gedenkplatte am Haus an der Alkuinstraße, in dem Bernie seine Werkstatt hatte, an ihn.

“Hier lebte und arbeitete Bernie Beermann 18.7.1932 – 24.12.2002 Er war Schuhmachermeister, Politiker und engagierter Vertreter seines Viertels Klein-Muffi – ein echter Muffikaner.”

Damit ist die Zeitreise beendet und wir sind zurück in der Gegenwart angelangt. Für so ein kleines Stadtviertel steckt ganz schön viel Geschichte in Klein-Muffi und vieles ist bestimmt auch schon in Vergessenheit geraten. Aber vielleicht hilft dieser Beitrag ja dabei, etwas Wissen über die Geschichte des Viertels zu erhalten und zu verbreiten.

(Quellen: Infos und Zitat: Unser Dorf Klein-Muffi Stadtviertelgeschichten Band 4 von Gottfried Schäfers
Infos: Münster im Wandel der Zeiten 1200 Jahre Münster Arme und Reiche Waanders Verlag
Fotos: Katharina Tewes)

Katharina Tewes

Bufdi aus Klein-Muffi, Vollzeit-Geek, Bücherwurm

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