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Müll im Himmel

Lichtverschmutzung ist zusätzlich zu Verschmutzung zu Land oder zu Wasser ein riesiges Problem, dessen sich die meisten Menschen allerdings nicht bewusst sind. Nachtsüber wird in großen Städten sehr viel künstliches Licht verwendet, Tendenz steigend. Die meisten Bürger*innen der Europäischen Union oder der USA leben unter einem verschmutzten Himmel. Das kann viele Probleme mit sich bringen. Energieverschwendung ist nur eines davon.

Nachts durch die Stadt zu gehen eröffnet uns die Möglichkeit, unsere Umgebung auf völlig neue Weise wahrzunehmen. Hell angestrahlte Gebäude, beleuchtete Brücken, Nacht-Sightseeing, helle Schaufenster und Straßenbeleuchtungen lassen uns alles sehen, was wir wollen – sogar in der Dunkelheit. Zumindest wenn es dunkel sein sollte. Aber können wir Sterne sehen? Die Milchstraße? So sehr uns die hell erleuchteten Gebäude auch beeindrucken, können wir gleichzeitig den Nachthimmel bewundern? Nein – zumindest nicht in den meisten Städten auf der Welt.

“Eine wegweisende neue Untersuchung, die die weltweite Lichtverschmutzung dokumentiert, hat festgestellt, dass mehr als 80 Prozent der Erdbevölkerung unter einem lichtverschmutzten Himmel leben. In den Vereinigten Staaten und in Europa ist es sogar noch schlimmer, hier erleben 99 Prozent einen leuchtenden Nachthimmel.”
(http://www.darksky.org/80-of-world-population-lives-under-skyglow-new-study-finds/; Übersetzung J.T.)

Heutzutage wird dermaßen viel künstliches Licht (z.T. auch völlig unzweckmäßig) verwendet, dass der Begriff Lichtverschmutzung bereits sehr treffend ist. Auch wenn die meisten von uns bislang nur von Land- und Wasserverschmutzung gehört haben, stellt Lichtverschmutzung schon ein Problem dar. Die Forschung warnt: Vor einigen Jahren konnte man durchaus noch die Sterne und die Milchstraße sehen; inzwischen ist das schweriger und mancherorts unmöglich geworden.

Und dabei geht es nicht nur um die Ästhetik oder darum, dass die Astronom*innen Schwierigkeiten haben, den Nachthimmel zu beobachten. Lichtverschmutzung kann noch ganz andere schwerwiegende Probleme mit sich bringen. Allen voran kann der natürliche Lebenszyklus der Wildnis zerstört werden. Wenn man z.B. Vögel oder Schildkröten betrachtet, lässt sich feststellen, dass diese Tiere ihre Wanderungsbewegungen von den Mondphasen abhängig machen. Künstliches Licht kann sie dabei sehr verwirren. Manche Tiere ändern plötzlich ihre Wanderungsrichtung oder ziehen zu früh oder zu spät los. Fehler wie diese können schwerwiegende Folgen haben.

Davon abgesehen kann es auch die Menschen negativ beeinflussen, künstlichem Licht ausgesetzt zu sein. Die International Dark Sky Association warnt:

“Die Forschung legt nahe, dass nächtliches Kunstlicht negative Folgen für die menschliche Gesundheit haben kann, indem es das Risiko, an Übergewicht, Depressionen, Schlafstörungen, Diabetes, Brustkrebs usw. zu erkranken, fördert.”
(http://www.darksky.org/light-pollution/human-health/; Übersetzung J.T.)

Es gibt viele Initiativen, die sich dem Kampf gegen Lichtverschmutzung verschrieben haben. Die amerikanische International Dark Sky Association und das polnische Program Ciemne Niebo (Programm für einen dunklen Himmel) machen nicht nur auf das Problem aufmerksam, sondern geben auch Tipps, wie man den Einsatz von künstlichem Licht reduzieren kann. Zunächst einmal könnten Straßenlaternen so entworfen werden, dass ihr Licht nur auf die Straße und nicht auch in den Himmel gerichtet ist. Außerdem sollten wir darüber nachdenken, ob wir sie wirklich alle brauchen. Die Anzahl an Straßenlaternen zu reduzieren kann nicht nur Strom sparen, sondern auch Licht verringern. Wenn man die Laternen auf smarte Weise verteilt, fällt uns ggf. nicht einmal der Unterschied auf. Und Hand aufs Herz: Sind beleuchtete Schaufenster mitten in der Nacht wirklich nötig?

Künstliches Licht zu verringern bringt viele Vorteile mit sich. Die Frage ist nur, ob uns das auffällt. Ob es uns möglich ist, die Schönheit der hell erleuchteten Stadt bei Nacht aufzugeben. Die Schönheit des Nachthimmels haben wir bereits aufgegeben… “Wir verlieren die Dunkelheit in Lichtgeschwindigkeit.”

Text: Daria Jaranowska
Übersetzung aus dem Englischen: Jakob Töbelmann

Daria Jaranowska

Journalistin, Projektkoordination und Koordination Bürgermedien im Bennohaus.

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