Am 20. Juni 2025 (World Refugee Day) veranstaltete der Arbeitskreis Ostviertel e.V. (Bennohaus Münster) ein internationales Webinar mit dem Titel „Migration & Inklusion: Lokale Strategien und inspirierende Geschichten“. Die Veranstaltung war Teil des Erasmus+-Projekts Community Re-Awaken: Tools and Techniques for Resilient and Inclusive Youth Communities.
Ziel war es, zivilgesellschaftliche Organisationen, Fachkräfte der Jugendarbeit, kommunale Vertreter*innen und Aktive aus Deutschland, Nordmazedonien und Tschechien zusammenzubringen, um Erfahrungen, Strategien und Herausforderungen im Bereich Migration, Integration und Staatsbürgerschaftspolitik zu diskutieren.
Ein zentrales Thema des Webinars war der Vergleich zwischen den migrationspolitischen Ansätzen der drei Partnerländer. Dabei wurden sowohl Unterschiede in den rechtlichen Rahmenbedingungen als auch gemeinsame Herausforderungen sichtbar.
Für Deutschland standen vor allem die neuen Reformen der Jahre 2023–2024 im Fokus:
- Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG)
- Die Zulassung von Mehrfachstaatsangehörigkeit
- Verbesserte Regelungen für Familienzusammenführung
Zwar zielen diese Reformen auf Vereinfachung und bessere Integration ab, dennoch bleibt der Zugang zu verlässlichen, verständlichen Informationen schwierig. Die Teilnehmer des Webinars erkannten den Bedarf an zusätzlichen Beratungsangeboten und einer zentralen, mehrsprachigen Informationsplattform für Neuankömmlinge sowie an psychologischer Unterstützung an.
Projekt-Highlight: Hidden Hero
Ein bewegender Teil des Webinars war der Beitrag von Elias Hatimi, Journalist und ehemaliger CrossCulture-Praktikant im Bennohaus. Er stellte sein mediales Projekt Hidden Hero vor.
Das Projekt erzählt reale Geschichten von afghanischen Migranten und Flüchtlingen in Deutschland. Diese Menschen werden in der öffentlichen Debatte häufig auf Stereotypen reduziert oder übersehen. Indem Elias ihnen Raum gibt, sich selbst zu äußern, verdeutlicht er die Komplexität von Migrationserfahrungen: Von beruflicher Umsiedlung und Bildung bis hin zur Flucht vor Verfolgung oder der Wiederannäherung an die Familie.
Das Projekt macht nicht nur marginalisierte Perspektiven sichtbar, sondern wirkt als Brücke für Empathie, Verständnis und interkulturellen Austausch.
Webseite: https://hiddenhero.net/
Das Leitbild Migration & Integration der Stadt Münster
Im Webinar wurde außerdem das neue Leitbild Migration und Integration 2025–2030 der Stadt Münster vorgestellt – ein kommunaler Orientierungsrahmen, der über zwei Jahre hinweg unter Beteiligung von über 400 Personen und 130 Organisationen erarbeitet wurde.
Die Grundprinzipien lauten:
- Bereichsübergreifende Integration als Aufgabe aller städtischen Sektoren
- Fokus auf Gleichstellung, Antidiskriminierung und Partizipation
- Integration ist ein gegenseitiger Prozess, keine Einbahnstraße
- Ein Wandel von symbolischen Zielen hin zu messbaren sozialen Auswirkungen
Die wichtigsten Aktionsbereiche des Münster-Leitbilds reichen von Bildung, Jugendhilfe und Wohnen über Arbeitsmarktintegration, Zugang zur Gesundheitsversorgung und bürgerschaftliches Engagement bis hin zu interkulturellen Verwaltungspraktiken.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der Diskussion war die psychologische Dimension der Integration. Die Teilnehmer des Webinars befassten sich mit den psychischen Aspekten der Migration, den realen Bedürfnissen und den Hindernissen, die über die Politik hinausgehen. Vertreter*innen aus Deutschland und Tschechien betonten:
„Nicht alle können sofort arbeiten oder ‘etwas beitragen’. Migration, Sprache, kulturelle Anpassung – all das braucht Zeit und Unterstützung.“
Traumatische Erfahrungen, Orientierungslosigkeit und strukturelle Hürden machen deutlich: Psychosoziale Begleitung und menschliche Nähe sind genauso wichtig wie rechtliche Regelungen. Die Teilnehmer betonten, dass Inklusion nicht nur gute politische Rahmenbedingungen, sondern auch emotionale Unterstützungsstrukturen, Vertrauensbildung und Öffentlichkeitsarbeit auf Gemeindeebene erfordert. Dies bedeutet, dass Regierungen und Zivilgesellschaft erkennen müssen, dass Integration ein langfristiger, menschlicher und gesellschaftlicher Prozess ist – und nicht nur eine administrative Aufgabe.
Gemeinsame Ziele – geteilte Herausforderungen
Trotz der unterschiedlichen nationalen Kontexte fanden die Partner in mehreren Bereichen Gemeinsamkeiten:
- Es braucht klare, zentrale und aktuelle Informationsstellen für Migrant*innen
- Jugendarbeit und Kulturprojekte leisten essenzielle Integrationsarbeit
- Schwierigkeiten beim Erreichen marginalisierter Gruppen und der Gestaltung von Programmen, die auf tatsächlichen Bedürfnissen basieren
- Die Herausforderung der Teilhabe – Förderung einer echten sozialen Durchmischung in vertrauensvollen, vielfältigen Räumen.
Community Re-Awaken zeigt, wie europäische Zusammenarbeit und lokale Initiativen gemeinsam nachhaltige Wirkung entfalten können.
Fazit
Migration ist keine „Herausforderung“, die es zu bewältigen gilt, sondern eine gesellschaftliche Realität, die wir gemeinsam mit Mitgefühl, Klarheit und Zusammenarbeit gestalten können.
Durch den Austausch von Geschichten, fundierte Diskussionen und gemeinsames Handeln können wir Gemeinschaften und Räume schaffen, in denen Menschen nicht nur ankommen, sondern auch für die Zukunft gerüstet und gestärkt sind.
Weitere Projektergebnisse von „Community Re-Awaken“ werden in Kürze folgen!
Materialien & Kontakt
Die im Webinar gezeigten Präsentationen und Unterlagen sind auf Anfrage erhältlich. Bei Interesse oder Rückfragen wendet euch bitte an: hd@bennohaus.de
Das Projekt wird im Rahmen von Erasmus+ gefördert und von folgenden Partnern getragen:
- 🇨🇿 NESEHNUTÍ (Tschechien)
- 🇲🇰 ELIPSA – Centre for Sustainable Development (Nordmazedonien)
- 🇲🇰 ZPD – Verteidigung der Kinderrechte (Nordmazedonien)
- 🇩🇪 Arbeitskreis Ostviertel e.V. / Bennohaus (Deutschland)
Dieser Inhalt und das Webinar „Community Re-Awaken“ werden von der Europäischen Union finanziert. Die darin geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der Europäischen Union oder der Exekutivagentur Bildung, Audiovisuelles und Kultur (EACEA) wider. Weder die Europäische Union noch die EACEA können für diese Inhalte verantwortlich gemacht werden.






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