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Mogelpackung voller Schweinereien

Ich besitze eine Sportmatte. Sie auch? Meine Sportmatte, die ich zwar besitze, aber nicht wirklich benutze, ist 60 cm breit und ca. 125 cm lang. Das macht insgesamt eine Fläche von 0,75 m². Dies entspricht dem gesetzlichen Mindeststandard an „Wohnraum“, der einem Schwein zugestanden wird. Was den Tieren in diesen Standards nicht zugesprochen wird, sind Spalten im Stallboden, damit Kot und Urin dort durchfallen können, Einstreu von Stroh, damit die Tiere nicht auf hartem Boden stehen und schlafen müssen und Auslauf ins Freie.

In dieser muggeligen Atmosphäre verbringen Mastschweine ein halbes Jahr, bevor sie bei einem Gewicht von 110-120 Kilo geschlachtet werden. Schweine werden im Normalfall bis zu drei Jahren alt, aber dieses Gewicht wird aus Kostengründen als Schlachtzeitpunkt anvisiert, weil das Verhältnis zwischen Futtermenge und Mastzuwachs ab diesem Gewicht unrentabel wird.

Falls Sie auch so eine Matte im Haus haben, dann messen Sie diese doch mal ab und überlegen, wie es wäre, wenn das Ihr Wohnraum für die nächsten sechs Monate sei. Ohne die weiche Matte unter Ihnen, aber dafür mit Gittern und Wänden um Sie herum.

Unsere tolle Bundes-Agrar-Lobbyistin Frau Klöckner war der Meinung, dass diese Situation nicht für das Wohl der Tiere ausreichend ist und die Verbraucher*innen eine Alternative benötigen, um mit gutem Gewissen Fleisch kaufen zu können. Das Ergebnis: Die Initiative Tierwohl und ihr „Tierwohl-Label“. Natürlich nur auf freiwilliger Basis. Frau Klöckner möchte ja niemanden zwingen, etwas verändern zu müssen.

Schweine, die nun in die Gunst der „Tierwohl“-Haltung kommen dürfen, haben in der Ersten der drei Einstufungen sensationelle 0,15 m² mehr Wohnraum. Das entspricht 2,5 DIN-A4-Blättern. Zum Vergleich: ein*e Straftäter*in in Einzelhaft hat einen Anspruch auf mindestens 9 m² Platz. Das ist also zehnmal so viel wie bei einem Schwein, dem man ein Wohlgefühl bieten möchte. Staatlich zertifiziert!

Die Tierschutz-Organisation Peta weist schon seit längerem darauf hin, dass selbst 2 m² Platz pro Tier als Tierquälerei angesehen werden müssen und dass die Betreiber*innen bei einer Erweiterung des Platzes pro Tier auf 0,9 m² die Erlaubnis erhalten, die Schwänze der Tiere zu kupieren. Verstößt hier etwa wieder einmal ein Bundesministerium gegen europäisches Recht?

Scheinbar ja, denn seit mehr als 20 Jahren ist es laut einer europäischen Richtlinie verboten, Schweinen routinemäßig die Ringelschwänze zu kürzen. Dass es sich bei dieser Zertifizierung um einen Rechtsbruch handelt, meint auch die Rechtsanwaltskanzlei Günther aus Hamburg, die in Auftrag von Greenpeace das „Tierwohl-Label“ und dessen Rahmenbedingungen unter die Lupe genommen hat.

Laut diesem Gutachten fängt die Verarschung der Kund*innen bereits bei der Definition des Begriffs „Tierwohl“ an. Den Käufer*innen soll ein gutes Gefühl vermittelt werden und der Eindruck, dass die Tiere ein „wohliges“ und „glückliches“ Leben haben können. Schweine leben aber von Natur aus in sozialen Strukturen von ca. 30 Tieren und bewegen sich, wenn man sie nicht in Boxen einsperrt, gerne im Freien und strolchen herum. Von einem glücklichen Leben kann daher keine Rede sein.

Bei der „Initiative Tierwohl“ gibt es noch weitere Kriterien, die erfüllt werden müssen, damit das Fleisch mit dem „Wohlfühl-Label“ verkauft werden darf. Tränkwasserüberprüfungen und Antibiotika-Monitoring werden dort genannt. Für mich persönlich ist es schon extrem fraglich, warum solche Maßnahmen nicht allgemeingültig sind und Teil der Mindestanforderungen von staatlicher Seite.

Das Gutachten geht auch auf weitere Kriterien ein und kommt zu dem Fazit, dass die freiwilligen Auflagen „dem Begriff Tierwohl nicht ansatzweise gerecht wird“, die beworbenen Veränderungen als weit über den gesetzlichen Mindeststandard zu bezeichnen als „perfide Verbrauchertäuschung“ zu bezeichnen ist und dass die Einführung eines freiwilligen Tierwohllabels die Missstände bei der Massentierhaltung nicht beseitigt, sondern verschleiert.

Für diejenigen, die lieber Geflügel essen, sei angemerkt, dass es auch für die Geflügelhaltung solch ein „Tierwohl-Label“ gibt. Als Legehenne oder Masthuhn wird es den Tieren voraussichtlich nicht viel besser gehen.

Laut Frau Klöckner ist das Tierwohl-Label ein „großer Schritt“ und kommt dem „Wunsch der Verbraucher nach mehr Tierwohl durch glaubwürdige und transparente Kennzeichnung“ entgegen. Viel besser passt meiner Meinung nach der Kommentar von Hagen Rether zu dieser „Verbesserung“, wenn er sagt, „wenn ein Kotelett jetzt Tierwohl ist, dann sind wir als Gesellschaft ganz unten angekommen.“

Wenn diese Schweinerei von Frau Klöckner und Co. Ihnen auch so stinkt, dann schauen Sie doch mal auf der Seite von Campact vorbei und unterstützen sie deren Petition.

Christian Hicking

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